Die systemische Kraft der META-Strukturen
In den zurückliegenden Jahren engagierten sich unsere Vereinsmitglieder auf unterschiedlichste Weise für Projekte, die sich um Themenfelder wie Gemeinwesen, Agro-Fortstwirtschaft, Permakultur und ähnliche Ideale gebildet hatten. Es wurden dabei individuell sehr unterschiedliche Erfahrungen gesammelt. Dabei wurde immer wieder mit ähnlichem Tenor berichtet. Initiativen und Projekte, die ergebnislos verliefen, unbefriedigende Ergebnisse erbrachten, oder mehr oder weniger scheiterten, sind leider weitaus häufiger, als Projekte, die erfolgreich werden, aufblühen und prosperieren. Wir nehmen dies zum Anlaß, über Schwachstellen, Fehler und Illusionen zu reflektieren, die den Erfolg vieler Initiativen mit idealistischer Motivation zunichte machen oder verhindern können.
Dabei fallen, wenn man den Verlauf und die Entwicklung von Projekten und Initiativen genauer anschaut, immer wieder ähnliche systemische Fehler-Kategorien auf:
- Visionslosigkeit
- Fehlende Klarheit bezüglich der verfolgten Ziele
- Keine Struktur innerhalb der Organisation
- Mangelnde Verbindlichkeit bei Vereinbarungen
- Keine exakte Planung bei Vorhaben, oder spontane Planänderungen
Wir tragen bereits gemachte Erfahrungen zusammen, und anqalysieren diese genau, um die Ursachen, Hintergründe und damit verbundenen Dynamiken systemisch zu erforschen. Die bisherigen Ergebnisse stellen wir hier jedem Interessierten zur Verfügung.
1. Visionslosigkeit
Über den Begriff „Vision“ wird auch von Prominenten mitunter öffentlich gespottet. Tatsächlich steht dieses Wort für eine den meisten Menschen eher unbewußte Qualität: Die Vision ist das Bild dessen, wo der Mensch im Leben hin will. Beispielsweise besteht die Vision im Leben vieler Menschen darin, einen Beruf zu erlernen und regelmäßig auszuüben, um später eine Familie zu gründen, ein Haus zu bauen oder zu kaufen, und zufrieden zu leben. Gäbe es dieses Bild nicht, wäre wohl niemand in der Lage, dieses Bild Wirklichkeit werden zu lassen.
2. Fehlende Klarheit bezüglich der verfolgten Ziele
Ziele lassen sich in W-Fragen formulieren: Was, Wo, Wie, mit Wem, und mit Welchen Mitteln, Wieviel, bis Wann? Eigentlich ganz einfach, das erscheint selbsterklärend. Wer einfach losläuft, ohne zu wissen, wohin, braucht sich nicht wundern, wenn er nirgendwo, oder noch schlimmer: irgendwo, ankommt. Das erinnert an das Verhalten kleiner Kinder, wenn sie laufen lernen, und beginnen, die Welt zu entdecken. Sie rennen spontan los, weil sie irgendwas sehen, was sie interessiert. Damit beschäftigen sie sich dann – bis etwas anderes interessanter ist. Im Alter von achtzehn Monaten ist das adäquat und völlig „richtig“ so. Wer als Erwachsener Mensch etwas erreichen will – wir erinnern uns: Was, Wo, Wie, mit Wem, und mit Welchen Mitteln, Wieviel, bis Wann? – der sollte für sich selbst Antworten auf diese Fragen formulieren. Oder gehen Sie in´s Reisebüro und fragen nach einem Ticket in den Urlaub, in der Erwartung, daß es dann losgeht? Die freundlichen Mitarbeiter werden Ihnen Fragen stellen: Zum Beispiel „Was, Wo, Wie, mit Wem, und mit Welchen Mitteln, Wieviel, und Wann?“ Sie erinnern sich…
3. Keine Struktur innerhalb der Organisation
Wenn eine Initiative sich keine Struktur gibt, bleibt sie – wer hätte das gedacht? – strukturlos (der Grund, warum wir uns zu einem Verein zusammengefunden haben; Anm.). Es benötigt also ab einer bestimmten Phase einer gemeinsamen Initiative den Mut und den Willen, zu beschließen: Ok, wer macht mit? Zu welchen Bedingungen? Und in welchem Rahmen? Ein Bild nagelt man auch nicht einfach so an die Wand… Die Vision wäre also das Bild. Der Nagel das Ziel. Den Rahmen bekommt es durch die Organisation: Welche Organisationsform oder Körperschaft geben wir uns? Welche Verträge, die welche Kompetenzen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten regeln, braucht es dafür? Wer schon mal eine Firma gegründet hat, der hat eine Referenzerfahrung. Auch wenn idealistische Zwecke ganz andere Visionen, Ziele und Rahmenbedingungen haben können. Definition ist Eingrenzung (lateinischer Wortlaut), und Grenzen geben Sicherheit. Allen beteiligten Parteien.
4. Mangelnde Verbindlichkeit bei Vereinbarungen
Wenn eine Initiative es bis zur Schaffung von Strukturen geschafft hat, steht sie vor der nächsten Aufgabe: Wie tragen wir gemeinsam dafür Sorge, daß das Vereinbarte auch eingehalten und umgesetzt wird? Sowenig wie es bei den obenstehenden Themen allgemeingültige Ratschläge oder Universallösungen gibt, so notwendig erscheint gegenseitige und gemeinsame Verbindlichkeit bei all dem. Das mag manchen Menschen, insbesondere den Freigeistern oder spirituellen Enthusiasten, vielleicht unbequem erscheinen. Doch warum kommt der Verbindlichkeit so hohe Bedeutung zu? Ganz einfach: Vertrauen ist ein Erfahrungswert. Es kann weder erworben, noch eingefordert werden. Verschenktes Vertrauen wird oft irreparabel enttäuscht. Vertrauen basiert auf der Erfahrung des Einzelnen, wie des Kollektivs: Wenn XY gesagt und beschlossen wurde, wird auch XY umgesetzt, und XY erreicht und anschließend der Erfolg von XY gemeinsam gefeiert (und nicht ZA oder AB, weil irgendwer das plötzlich besser findet…).
5. Keine exakte Planung bei Vorhaben, oder spontane Planänderungen
Wer ein Projektziel verfolgt, ein Haus oder etwas anderes baut, der weiß: Es braucht einen Plan dafür. Ob der Plan nur im Kopf, oder auf Papier existiert, hängt von der Größe und Komplexität des Zieles ab. Und natürlich muß man Pläne anpassen, und ggf. korrigieren, wenn sich bei der Umsetzung zeigt, daß dieses oder jenes Detail so nicht bedacht wurde, bzw. sich in der nun sichtbar werdenden Tiefe und Tragweite gar nicht planerisch vorhersehen ließ. Doch wenn man das als dreistöckiges Zwei-Familien Wohnhaus mit Walmdach geplante Gebäude während der Bauphase spontan in einen einstöckigen Life-Style-Bungalow umwidmet (bildhafter Vergleich), wird das zu Problemen führen. Oder wenn die sorgfältig und kostenaufwändig fachmännisch geplante dreistufige Terrassierung einer hängigen Ackerfläche zur Verbesserung der Wasser-Retention seitens der Bauherrin spontan in eine wirre Anhäufung von Lehmhaufen und abschüssigen Wegen verwandelt wird (reale und bedauerliche Erfahrung bei einem Projekt!), dann muß man sich über das Ergebnis nicht wundern… Das traurige Resultat bei Letztgenanntem war Rückzug der beteiligten Akteure, langfrisitig Unzufriedenheit der Bauherrin mit dem (Nicht)Ergebnis, und der Verlust wertvoller Ressourcen (Geld, Zeit, Arbeitsleistung, Bodenfläche, Nutzbarkeit und Fruchtbarkeit, nachhaltige Verschlechterung der Boden-Wasserhaushaltsbilanz). Man hätte die betreffende Fläche besser im Originalzustand belassen sollen.
Die Beschäftigung vor und während der Entstehung von Initiativen mit diesen genannten fünf Meta-Themen und deren verbindliche inhaltliche Ausarbeitung wird erfahrungsgemäß maßgeblich zum langfristigen Erfolg der Initiative beitragen.
Planung ist nicht alles – doch alles ist nichts ohne Plan.


